Da ich mittlerweile vom Traktor-Bazillus infiziert war, musste das nächste Projekt in Form eines Lanz-Schleppers angegangen werden. Es gibt eigentlich bei jedem Fahrzeug irgendetwas, was mich zum Kauf bewegt hat. In diesem Fall war es der wunderschöne Klang (Schlag) des Traktors. Der Zustand des Schleppers war auf den ersten Blick fürchterlich. Selbst nach einer Hochdruckreinigerorgie war noch längst nicht aller Schmutz runter gewaschen. Das Öl-Dreck-Gemisch war dermaßen fest auf dem Traktor, dass es nur mit Hammer und Meißel gelöst werden konnte. Es stellte sich heraus, dass an den Verstärkungsprofilen der Kotflügel massiv rumgepfuscht wurden ist. Einige Profile wurden neu angefertigt und eingeschweißt. So bekamen die Kotflügel wieder ihre alte Festigkeit. Alle Blechteile wurden gerichtet und anschließend gestrahlt. Bei dem Besuch eines Traktorflohmarktes bot eine holländische Firma zwei vordere Kotflügel für den Lanz an, ebenso diverse Kleinteile wie neue Rücklichter, Warnblinkanlage, Sitzkissen und Chromringe für die Scheinwerfer, um nur ein paar Dinge zu nennen. Der Vorbesitzer konnte mir glaubhaft versichern, dass Motor und Getriebe einwandfrei funktionierten, was sich auch im Laufe der nächsten Jahre als wahr herausstellte. Das Fahrgestell wurde wie immer abgeschliffen, grundiert und wie die restlichen Anbauteile in Original-Lanzblau lackiert. Das Zusammenbauen ist dann immer die reinste Freude. Alle Teile mit neuen Schrauben zusammenzufügen und den Kabelbaum zu erneuern, stellte kein Problem dar. Die Elektrik der alten Schlepper ist recht einfach und an fast allen gleich. Anders als bei den anderen Schleppern ist bei dem Lanz ein Pendelanlasser verbaut. Neue Reifen auf den frisch lackierten Felgen gaben dem Lanz ein Aussehen wie bei der Auslieferung 1955. Einige Zeit später wurde mir recht günstig noch ein Verdeck angeboten. Es ist von der Fa. Diedek und war angeblich davor auf genau diesem Typ Lanz 1616 verbaut gewesen. Naja - ich finde es jetzt nicht ganz so glücklich, aber man bleibt trocken, sollte man doch mal bei Regen fahren.
Der Firmengründer Heinrich Lanz wurde 1838 in Friedrichshafen geboren. Nach einer kaufmännischen Ausbildung trat er 1859 in das väterliche Handelsunternehmen ein. Schon bald importierte er meist englische Landmaschinen nach Deutschland. Er versuchte die Bauern und Landwirte von den Vorzügen der neuen Geräte zu überzeugen. Parallel dazu errichtete er Werkstätten, wo geschultes Personal diese Geräte reparieren und warten konnten. Im Jahr 1870 machte sich Heinrich Lanz selbstständig und hatte zu dieser Zeit schon 60 Mitarbeiter. Bis 1875 verkaufte H.Lanz 43.000 Landmaschinen in ganz Europa. Das Wachstum der Firma war gewaltig. Im Jahr 1890 beschäftigte er schon 1250 Menschen. Bis 1910 wurden 25.000 Lokomobile weltweit verkauft. Selbst Luftschiffe wurden zusammen mit dem Experten Johan Schütte gebaut. Auch der 1.Weltkrieg verlangsamte die Produktion kaum. Es wurden allerdings mehr Zugmaschinen und Ahnliches für die Kriegsmaschinerie gebaut. Während dieser Zeit trat der Konstrukteur Dr. Fritz Huber in die Firma ein. 1921 entwickelte er den 12PS starken Glühkopfmotor. Dieser "Traktor" wurde von einem Mitarbeiter mit einer Bulldogge verglichen und seit diesem Moment ist die Bezeichnung Lanz-Bulldog nicht mehr wegzudenken. 1925 lief der erste Bulldog von einem 175m langen Fließband. Es war der Groß-Bulldog HR2. Bis zum 2.Weltkrieg wurden zudem noch Landmaschinen aller möglichen Art gebaut. Zum Ende des Krieges blieb von dem Mannheimer Werk kaum noch etwas übrig, aber zum Glück blieb das Werk von Demontagen verschont. Bis 1950 entwickelte sich die Firma nicht gut. Man behielt die liegende Glühkopf-Konstruktion bei und 1951 entwickelte man den Geräteträger "Alltag", welcher eigentlich ein revolutionäres Gerät war. Der Fahrer hat alle Geräte im Blick und kann die meisten Arbeiten alleine meistern. Allein der völlig ungeeignete Motor verhinderte allerdings den Erfolg. In den nächsten Jahren wurden noch Mähdrescher entwickelt und Lanz versuchte durch das Volldiesel- Programm die Erfordernisse des Marktes doch noch zu erfüllen. Aber das Festhalten an den einzylindrigen, liegenden Zweitaktmotor bedeutete das Ende des Lanz-Imperiums. 1956 übernahm John Deere & Company die Aktienmehrheit. Die letzten Lanzschlepper wurden 1958 grün-gelb lackiert. 1960 erfolgte die neue Produktion des gänzlich anderen John-Deere Schleppers. In fast 40 Jahren wurden ca. 220.000 Lanz-Bulldogs verkauft.